João Gonçalves: «So war die WM für mich wirklich!»


Zürich Meisterschaften

José João Gonçalves in seinem Betrieb im zürcherischen Pfäffikon.

Ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, kam der 15 Jahre junge José João Gonçalves Ende 1998 aus Portugal in die Schweiz. Sieben Jahre später war er Schweizer- und Weltmeister bei den Lackierern. Seit 2016, nach vielen Herausforderungen als Schulungsexperte und Anwendungstechniker, gehört ihm die «Gehri Carrosserie Spritzwerk AG» in Pfäffikon ZH. Wir haben uns mit dem heute 38-Jährigen über seinen bemerkenswerten Werdegang unterhalten. 

Herr Gonçalves, Sie haben 2005 an der Berufsweltmeisterschaft in Helsinki die Goldmedaille gewonnen. Mit welchen Gedanken erinnern Sie sich daran?

João Gonçalves: Am Anfang herrschten Aufregung und Anspannung. Denn alle Teilnehmer waren angenehm im Umgang, aber auch sehr motiviert, zielstrebig und ehrgeizig. Da habe ich mir gesagt: Jetzt bist du schon so weit gekommen, da gibt es nur ein einziges Ziel: Du willst diese WM gewinnen. 

Sie haben damals 552 von 600 möglichen Punkten geholt. Wie überrascht waren Sie von diesem Glanzresultat? 

Die Punktzahl war nicht wichtig, Weltmeister werden aber schon. Die zwei Wochen in Helsinki waren in jeder Hinsicht von Überraschungen geprägt – zum Beispiel durfte ich nebst Gold auch noch Bronze für die Höchstpunktzahl aller Berufsgattungen der Schweizerdelegation «Best oft the Nation» entgegennehmen. Es war mir eine grosse Ehre, auch diese Auszeichnung zu erhalten – sie krönte die unglaublich interessante und emotionsgeladene Zeit.

Ihre bisherige Lebens- und Berufsgeschichte in der Carrosseriebranche ist beinahe beispiellos. Würden Sie mir da beipflichten? 

Ich glaube schon, dass man das so sagen darf. Ich habe sie allen zu verdanken, die an mich geglaubt haben und mir heute noch das Vertrauen schenken. Aber es braucht zusätzlich Fleiss, Disziplin, hartes Training und Leidenschaft – zusammen mit dem Support von aussen führt das zum Erfolg. 

Zur Erklärung von «beispiellos» möchte ich Ihren kurz Weg nachzeichnen. Sie sind Ende 1998, im Alter von 15 Jahren, aus Portugal in die Schweiz zu Ihren Eltern gezogen. Zuerst haben Sie intensiv Deutsch gelernt, dann die Lehre als Autolackierer absolviert und nach der Schweizermeisterschaft auch noch die WM gewonnen. War das von Beginn weg Ihr Plan?

Nein, primär war es mein Ziel gewesen, in die Nähe meiner Familie zu kommen. Aber mir war bewusst, dass Deutsch lernen in Bezug auf meine persönliche und berufliche Laufbahn eine wesentliche Rolle spielen wird. Also dachte ich mir: Sprache lernen, dann den Sekundarabschluss erreichen und eine Lehre abschliessen – obwohl mir damals nicht klar war, was ein duales Ausbildungssystem ist. In Portugal kennt man das so nicht. Schliesslich habe ich das Potential im Lackiererberuf gesehen – und viele Menschen kennengelernt, die mich unterstützt und angefeuert haben, in diesem Beruf weiterzumachen.

Nach der WM folgte die Berufsfachprüfung mit Eidgenössischem Fachausweis, und Sie wurden Schulungsleiter und Trainer von «Akzo Nobel Car Refinishes AG» in Wetzikon. Gab es auf dieser Strecke Menschen, die Sie unterstützt, Ihnen Mut gemacht haben? 

Neben WM-Coach Willi Frei kannte ich auch Paolo Flückiger seit der Schweizermeisterschaft in Le Locle. Wir verstanden uns sofort, obwohl ich seinen Tessiner Kandidaten im Wettbewerb geschlagen hatte. Und nach der WM begegnete ich vielen tollen Menschen, die es gut gemeint haben. Zum Beispiel Enzo Santarsiero, der auch heute noch mit seinem Team meine Firma mit der Lackmarke «Standox» beliefert. Er glaubte an mich, bedingungslos, und holte mich zu «Akzo Nobel». Dort habe ich mein Wissen vertieft, und Freundschaften fürs Leben mit Kunden und Arbeitskollegen geknüpft.

An wen denken Sie da insbesondere? 

Die Liste ist lang, beginnt beim Buchstaben A und endet bei W – zum Beispiel Hans und Jwan Aeschlimann, Rolf Baumgartner, Wolfgang Jun, Udo Klein, Daniel Randegger, Michael Schäfer, Hans-Peter Schneider, Kurt Walde und, und, und. Bitte entschuldigt, dass ich nicht alle namentlich erwähne. Aber wer mich kennt, weiss: Obwohl ich sie alle nicht immer sehe, bleibt jeder und jede in der Erinnerung. Distanz bedeutet für mich nicht Vergessenheit.

Heute engagieren sich bei «Carrosserie Suisse Zürich», zum Beispiel als Experte und Delegierter. Zudem sind Sie Mitglied in der Reparatur-Fachkommission oder auch der Stiftung zur Förderung des Berufsnachwuchses. Warum tun Sie das? 

Das ist mein Beitrag an unsere tolle Branche und die jungen Menschen, welche unsere Berufe ergreifen. 

Sie waren lange Schulungsexperte und hatten Einblicke hinter die Kulissen vieler Betriebe. Haben Sie da gelernt, wie man es nicht macht, wenn man als Unternehmer Erfolg haben will? 

Ja, meine früheren Tätigkeiten als Anwendungstechniker, Schulungsleiter, Leiter Coloristik Schweiz oder als Key Account Manager bei Cromax haben mir viel Wissen und grosse Erfahrungswerte gegeben, die ich heute im Alltag einfliessen lasse. Aber auch die Begegnungen mit vielen hervorragend ausgebildeten Fachleuten haben mich weitergebracht. Der Beruf des Lackierers und die Tätigkeit als Firmeninhaber haben eines gemeinsam: Sie waren, sind und bleiben eine spannende Herausforderung, verbunden mit kontinuierlicher Weiterbildung.
 

José João Gonçalves 2005 mit der Schweizer Delegation

Beispiellose Berufsgeschichte: José João Gonçalves an der WM in Helsinki.

Interessiert an exklusiven Informationen rund um die Carrosserie- und Fahrzeugbranche?