Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) veröffentlichte ihre Berufsunfallstatistik 2023. Die Klasse 13E, zu der auch die Carrosserieberufe gehören, weist ein leicht überdurchschnittliches Fallrisiko auf, wobei es sich aber öfters um leichtere Fälle ohne Arbeitsunfähigkeit handelt. Alois Fässler, Teamleiter
Statistik, und Martin Hofstetter, Experte Sicherheit und Gesundheitsschutz Verkehr / Energie, geben dazu im Interview mit Henrik Petro Auskunft.
Die Klasse 13E weist 2023 ein Fallrisiko von 94 Unfällen pro 1000 Vollbeschäftigten aus; es liegt damit zwar knapp zwanzig Prozent über dem Fallrisiko der Suva insgesamt (79 Fälle/1000 VB). Der Rückgang des Fallrisikos über die letzten zehn Jahre ist bei der Klasse 13E jedoch stärker ausgeprägt (-25,8 %) als beim Total der Suva (-12,0 %). Im Vergleich mit den Metall verarbeitenden Branchen ist der Wert aber vergleichbar oder sogar leicht tiefer. Auffallend ist, dass der Wert für die Fälle mit Taggeld (38 Fälle/1000 VB) tiefer ist als bei der Suva insgesamt (42 Fälle/1000 VB). Bei vielen Fällen handelt es sich offensichtlich um leichtere Fälle ohne Arbeitsunfähigkeit.
Gibt es bezüglich der Art der Krankheiten Auffälligkeiten?
Bei den Berufskrankheiten handelt es sich zum grössten Teil um Gehörschädigungen. Daneben treten auch Krankheiten des Atmungssystems auf (vor allem ausgelöst durch Isocyanate und Farben/Lacke) sowie Krankheiten der Haut.
Krankheiten, Invalidenrenten und vor allem Todesfälle sind stark zurückgegangen. Woran liegt das?
In den letzten Jahrzehnten haben sich Arbeitsmethodik, Prävention und auch die Arbeitsmittel stark verbessert. Die Belastungen sind nicht dieselben wie vor
20 Jahren. Jedoch treten auch neue Gefährdungen auf, die man entsprechend behandeln muss. Diese Entwicklung sehen wir in den meisten Branchen. Trotzdem kommt es immer wieder zu schweren Unfällen, die es zu verhindern gilt.
Augen und Finger scheinen in unserer Branche besonders gefährdet. Weshalb und wie kann man dem vorbeugen?
Fingerverletzungen sehen wir vermehrt in Branchen, in denen präzise von Hand gearbeitet werden muss. Gerade im Umgang mit schweren Maschinen wird dies besonders kritisch. Diese Art von Verletzungen haben diverse auslösende Faktoren wie fehlende technische Schutzeinrichtungen, generelle Stresssituationen oder Unkonzentriertheit.
Durch sichere und gesunde Arbeitsplatzgestaltung und regelmässige Sicherheitsinstruktionen kann das Risiko reduziert werden. Augenschutz ist ein Thema, bei dem in der Branche noch viel Potenzial da ist. Oft treffen wir Situationen an, bei denen die falsche PSA getragen wird oder die Tragdisziplin generell zu wünschen übriglässt. Augenunfälle werden oft nicht ernst genommen, da es seltener zu schweren Verläufen kommt.
Jedoch summieren sich Bagatellunfälle auf und führen zu hohen indirekten Kosten. Bei Augenverletzungen ist oft ein ärztlicher Eingriff nötig. Mitarbeitende fehlen so bei jedem Vorfall mehrere Stunden an der Arbeit. Wichtige Massnahmen, um das Augenunfallrisiko zu senken, sind das Sensibilisieren der Mitarbeitenden, ihnen die richtige Ausrüstung zur Verfügung zu stellen und sie zu instruieren, wie sie sich im Notfall verhalten müssen. Ausführliche Informationen gibt es unter www.suva.ch/augenschutz.
Risiko bei Steigen und Heben wird unterschätzt
In fast jedem Betrieb findet man eine Leiter und der Zustand der Leiter variiert stark. Sie werden als Zugangs- oder Arbeitsmittel eingesetzt. Gerade für Arbeiten über 2 m Höhe oder für schwere Arbeiten ist eine Leiter jedoch nicht geeignet. Wir stellen oft fest, dass die richtigen Alternativen wie Arbeitspodeste, Gerüste oder Hubarbeitsbühnen nicht vorhanden sind. Auch beim Heben von Gütern kommt es regelmässig zu Verkettungen von Faktoren. Generell ist es wichtig, dass die richtigen Arbeitsmittel vorhanden sind und den entsprechenden Situationen angepasst werden. Viel ist gewonnen, wenn die Arbeitssicherheit systematisch organisiert wird. Ein zentrales Element ist eine praxisorientierte Gefahrenermittlung und Risikobeurteilung. Die Branche hat hier eine gute Unterstützung in der Branchenlösung BAZ. Und gerade um schwere Unfälle zu verhindern, ist die Integration der «Lebenswichtigen Regeln» ein wichtiger erster Schritt. Ein konsequentes Einhalten dieser Regeln kann viel Leid und hohe Kosten verhindern.
Wo steht Ihr Unternehmen mit den Absenzen im Vergleich zur Branche? Der Kennzahlenvergleich gibt Ihnen Anhaltspunkte.